14.05.2007


Orgelstimmen der Romantik

und ihre

Dispositionsgrundlagen

 

 

Füllstimmen

         

Quinte 2 2/3'   

 

ist der 3. Teilton des 8' Principals (8/3=22/3), und verstärkt bei hinzugezogenem 8' den Grundton, was den Prinzipal 8' an Fülle und Glanz gewinnen lässt. Dies war der Grund warum man um 1912 von Füllstimmen sprach. Voraussetzung ist, dass die Füllstimmen selbst weniger Teiltöne produzieren. Dies ist auch bei der Kombinationstönen wichtig. (siehe auch Abhandlung:"Differenztöne was ist das?")

Mensuren sind wie bei den Principalen oder etwas weiter = Nasard. Intonation: schwächer als Principal und obertonärmer, auch die Stimmhaltung wird dadurch besser.

Bei der EFW-Orgel ins Ulmer Münster 1856 gibt es nur einen   2 2/3' bei 100 Registern, da diese Stimmen in den Mixturen genügend enthalten ist

Quinte wurde gerne als Erzeuger der Kombinationstöne (Differenztöne= entdeckt von Sorge 1740, verfeinert von Tartini, realisiert von Vogler-EFW) Quint 10 2/3' + 16' ergeben den Differenzton 32' oder 5 1/3' + 8' =16' . Grundlegend bei Ffm-Paulskirche von EFW angewandt.

 

Klangbeispiele

Quintbass 10 2/3' HW, Röver-Orgel Drochtersen,

 

 Terz

 

kommt als Füllstimme in Fußlagen 6 2/5', 3 1/5' und 1 3/5' vor. Ladegast hat in Nikolaikirche Leipzig und Dom Schwerin sogar 12 4/5' gebaut. Dies ist als 64/5 Teilton des 64', während die anderen 32/5, 16/5 und 8/5 die im Zähler benannten Grundtöne verstärken.

wie oben vermerkt, muss auch die Terz recht obertonfrei intoniert sein, damit sie ihre Funktion als Verstärkung des Grundtons 8', 16' oder 32' gut ausführen kann.

in der Spätromantik kaum noch als Einzelstimme verwendet : Ffm-Paulskirche werden diese beim Umbau entfernt

 Septime

 

kommt als 32/7=4 4/7', 16/7=2 2/7' und 8/7= 1 1/7 vor

in Walcker-Orgeln kaum auffindbar

 Gemischte Stimmen - Mixtur

 

Die Bezeichnung Mixtur 3fach besagt, dass diese Stimme 3 Teiltöne des Grundregisters verstärkt, indem eben 3 Pfeifen diese Teiltöne synthetisch wiedergeben. Beginnt die Mixtur mit 2 2/3'-2'-1 1/3' so sind dies der 3., 4. und 6. Teilton des 8'.

Bei großen Orgeln in der Regel 6fach, 5fach, selten 8fach und mehr. (im Mittelalter wie Notre Dame zu Dijon 22fach, Praetorius berichtet von 42-44fache M.)

Bei EFW ist immer eine Terz enthalten, diese Terz oft als Spitzflöte, was von den Söhnen beibehalten wurde. In Hoffenheim ist es

                              C :   2 2/3' -    2'    - 1 3/5' -    1'

ab c1 durchlaufend :          4'      - 2 2/3' -     2'   - 1 3/5'

 

MIXTUR 6fach 2 2/3’ in Hauptwerk, Walcker Opus 306, Wien Votivkirche

Terzchor konisch, 6fach in Probezinn mit Expression, 324 Pfeifen

C

4’ged

-

2 2/3’

-

2’

-

1 3/5’

-

1’weit

-

1’eng

c

2’

-

1 1/3’

-

1’weit

-

1’eng

-

4/5’

-

1/2’

c’

1’weit

-

1’eng

-

2/3’

-

1/2’

-

2/5’

-

1/5’

c’’

1’

-

1/2'

-

1/2'

-

1/3’

 

1/4’

-

1/5’

c’’’

1/2'

-

1/4’

 

1/4’

 

4/6’

 

1/8’

 

1/5’

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Klangbeispiele

Mixtur 3fach HW, Röver-Orgel Nordleda, St. Nikolai, Bj. 1892

Mixtur 4f 2 2/3' mit Terz, HW, Schlimbach-Orgel, Nieder-Roden,

Mixtur 3f HW, Röver-Orgel Drochtersen, St. Johannis, Bj. 1895 

Mixtur 4fach 2' HW, Furtwängler-Orgel, Hemmor, Ev. Kirche Bj. 1898

 

 

Kornett - Cornett

 

cornu lat.=Horn,

am besten 5fach ab C 8' - 4' - 2 2/3 -  1 3/5', damit sind die Teiltöne 1. - 2. - 3. - 5. abgedeckt. Das Kornett sollte immer im HW = I.Man  oder II.Man. aufzufinden sein. Der 8' ist oft als Rohrflöte oder Gedeckt. In Ffm-Paulskirche baut EFW Cornett.

C- 10 2/3' (durchgehend) ab c' 8 - 6 2/5 - 4 dazu, was nicht die Teiltöne sondern die Differenztöne mit 16' usw. produzieren soll (in Ulm sogar 8fach).  Pedal manchmal als Cornett 4', 4-5fach. In Stgtt Stiftskirche baute EFW Cornett 16'-8-51/3-3 1/5'

Interessant ist die Pedaldispo in Ffm von EFW, wo  die Stimmen Kontrabaß 32', Princ.16',Quinte 10 2/3', Octave 8' und Terz 6 2/5',was ein 5faches Kornett zum 32' ergab - wurde aber leider schon 1899 von Walcker abgebaut

Kornettpfeifen sind weiter als Principal. Die Octaven werden wie Princ. intoniert, während Quinte etwas schwächer ist. Terz ist am schwächsten - so verschmelzen die Partialtöne am besten - nicht einfach !

voller, harmonischer, glänzender Klang, der nie ins Schreiende übergeht. Bei zu lauten Quinten, Terzen kein gutes Verschmelzen mit dem Prinzipalpleno.

Gut verwendbar als Unterstreichung von Solostimmen. Bourdon 16 + Kornett oder Trompete 8' +  Cornet, usw. aber auch als Solostimme

 

Klangbeispiele

Cornett 8' NW, Walcker-Orgel Wemmetsweiler Bj. 1904

Cornet 3fach HW, Röver-Orgel Drochtersen, St. Johannis, Bj. 1895 

 

Progressio harmonica

 

Erfindung von Musikdirektor Wilke aus Neu-Ruppin (1839) Sauer baute in Fulda - Domorgel eine Progressio-harmonica 4-6fach mit 5 1/3' - 4' - 2 2/3 -  2- 1 1/3'-1' . Etwas enger als Kornett, weiter als Prinzipal, starke Intonation

Bei Walcker findet sich diese Stimme oft im 2.Manual größerer Orgeln, z.B. Erfurt Ph 22/3' 3-5fach, auch Kassel, Neue Ev. Kirche, dort 2-3fach. Stiftskirche Landau 2-4fach

 

Harmonia aetheria 2 2/3' 3fach

 

st infolge ihrer engen Mensur eine schwach streichende und diskrete Mixtur, die man gewöhnlich auf dem dritten (schwächsten) Manual antrifft. Nach Mensur und Intonation entsprechen die Pfeifenchöre dem Geigenprincipal. Ist gewöhnlich dreifach. E.F.Richter schreibt in Katechismus der Orgel, 1896, bei geschlossenen Schweller und vollem Werk verleiht die Harmonia aetheria dem Werk "die bezaubernde Wirkung einer scheinbar aus weiter Ferne, ja aus überirdischen Höhen herüberklingenden Orgel".

Walcker baute im Gewandhaus Leipzig,Dom Lübeck, Christuskirche Aachen, Petrikirche Lübeck, Philharmonie Warschau, u.v.a..

Scharff (Akuta)

 

unterscheidet sich von der Mixtur dadurch, dass sie oft eine Terz enthält und etwas enger als die Mixtur mensuriert wurde. Eine übliche Zusammensetzung basiert auf dem Dur-Dreiklang c'-e'-g',

also 2'-1 3/5'-1 1/3'. Beim vierfachen Scharff kommt der 1' und beim fünffachen der 2 2/3' dazu. Das Register repetiert analog der Mixtur.

Bei Walcker kommt das Register nicht oft vor, aber in Mühlhausen/Elsaß stand ein Scharff 1' 3fach im I.Man. neben Fourniture 2' 6fach und Cornett 8' 5fach, während im III.Man. keine Mixtur mehr disponiert war.

in Wien Stephansdom steht im I.Manual neben einer 6fachen Mixtur 4' und einem Kornett 8' 5fach, ein Scharff anderer Art nämlich 1 1/3'-1'-2/3'-1/2'

Bei EFW gibt es Scharff meist 3fach  als 1'- 4/5' - 1/2'

Zimbel, Cymbel 

 

die kleinste gemischte Stimme mit enger Mensur, bei romantischen Orgel oft scharf durch hohen Winddruck. Grundgedanke bei Romantikern war Oktavchöre: 1-1/2-1/4 als Krone zum 16'. Bei Voit in der Stadthalle Heidelberg finden wir  im zweiten Manual: 1-1/3-1/2-1/4' mit Quinte ergänzt. Sauer baute in Dom Fulda:  1 3/5'- 1 1/3'- 1 1/7 damit wird 5.,6. und 7. Paritalton bedient. In der Bonner Stiftskirche baute Klais 1908 noch 2' und 1' dazu, also: 2'- 1 3/5'- 1 1/3'- 1 1/7-1' , was hervorragende Klangkrone gewesen sein sollte.

Eberhard Friedrich Walcker baute ins II.Manual der Ulmer Münsterorgel 1856 eine Cymbal 1'-1/2'-1/4' als Teiltöne für den Gedeckt 16' und Salicional 16', also auch als Teiltöne die von Streichern herrühren. In der Agramer EFW-Orgel findet sich eine Cymbal 1 1/3' 5fach

Rauschquinte 2 2/3'

 

enthält meist nur 2 Chöre, welche den 3. und 4. Partialton verstärken sollen und ist oft im I.Man. disponiert. Da beide Chöre eine Quarte bilden, wurde das Register auch früher "Quarte" genannt, was logisch falsch ist, da wir die Aliquoten vom Grundton aus bemessen und bezeichnen. Die Rauschquinte repetiert nicht, sie füllt. Beide Chöre erzeugen als Differenzton den Grundton. Wird zum Tutti registriert.

Walcker baute in Ludwigskirche Saarbrücken neben Mixtur 4fach, Kornett und Cymbel diese Rauschquinte ins I.Man, so auch in Philharmonie Berlin.

Schlag&Söhne, Schweidnitz verwandte dieses Register öfter.

Sesquialtera 2 2/3' + 1 3/5'

bis 10 2/3'+ 6 2/5'

 

Sexquialtera, Sesquialter liefert den 3. und 5. Partialton, hat also die Bestandteile 2 2/3' und 1 3/5' (g - e´), welche unter sich eine Sext bilden, was den Namen hergibt. Sesquialter wird ohne Schärfe intoniert mit weiter Mensur. In Klangstärke werden Terz und Quinte gleichermasser intoniert. Wie der oberste Chor des Kornetts, so repetiert die Sesquialter nicht. Rohrflöte oder Principal 8',Oktav 4', 2' und Sesquialter ergeben ein Kornett.

Walcker baut in der Riesenorgel zu Riga im I.Manual die Sesquialter zum 16', wo sie dann aus 5 1/3' und 3 1/5' besteht. Im Pedal dieser Orgel steht eine Sexquialter 10 2/3' und 6 2/5' als 3. und 5. Partialton zum Principalbass 32'

Oft werden die Stimmen 10 2/3' und 6 2/5' einzeln gebaut (Wien, Stephansdom)

Tertian 1 3/5' - 1 1/3'

 

beim Tertian liegt die Quinte oben, er verstärkt also die Partialtöne 5 und 6, e'-g', welche eine Terz auseinander liegen, was hier die Namensgebung bewirkte. 1 3/5' - 1 1/3' sind die Partialtöne des 8',

3 1/5' - 2 2/3' jene des 16'. Da Terz und Quinte oft einzeln disponiert werden kommt das Register selten vor.

 

 

 

 

 

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Bilder und Klangbeispiele

 

Bildbeispiel01

Mixturpfeife

Walcker-Orgel in Krefeld

 

Bildbeispiel02

Quinte 2 2/3'

Walcker-Orgel in Krefeld

 

 Bildbeispiel03

Terz der Mixtur

Walcker-Orgel in Krefeld

 

Bildbeispiel04

Cornett-Pfeifen

Walcker-Orgel in Mimbach,

Opus 170, Bj. 1862