14.05.2007


Orgelstimmen der Romantik

und ihre

Dispositionsgrundlagen

 

 

Principale

Die Principale sind die Hauptstimmen der Orgel. Nach ihrer Mensur (Normalmensur) werden alle anderen Stimmen ausgerichtet. Sie haben kräftigen Ton. Die Principalbasis des Hauptmanuals ist mindestens 8'. Darüber gibt es 16' bei größeren und selten 32' (St. Denis, Tours) Auf 4' basierende Orgeln nennt man "halbe Orgeln". Die auf den Basisprincipal folgende Principalstimme nennt man "Octave", da sie den 2.Teilton darstellt.

Principal 8'    

 

Die wichtigste Stimme der Orgel, aus gutem Metall gefertigt 75%-88%-100% Zinn. Als Prospektpfeifen sollen sie ihre ungeschwächte Kraft in den Kirchenraum lenken können. Die untere Oktave kann aus Holz sein, aber man trifft durch die staatliche Reglementierung von 1917 auch oft Zinkprospekte an, die anstelle der ursprünglichen Zinnprospekte in den 1920er Jahren durch Zinkpfeifen ersetzt wurden. Nur sehr wenige Ausnahme-Orgeln haben die Requirierung der Orgelprospektpfeifen durch das deutsche Militär im Ersten Weltkrieg unbeschadet überstanden. Nach dem Krieg war die Wiederherstellung der Prospekte das erste Geschäft für den Orgelbau.

Weite Mensur und hohe Aufschnitte bedingen kräftigen Grundton mit wenig starker Begleitung von Obertönen. Reichliche Windzufuhr. Zweite Partialton ist stärker, weniger der 3. und 4. . Das Register kommt auch im selben Manual zweifach vor, mit unterschiedlicher Mensur.

(engl.= Open Diapason) (franz.=Montre 8')  (span.=Flautada de 13 oder Baxoncello de 13))

Kräftig, herb, voll, sonor, glänzend, majestätisch. Klang mildern oder abdunkeln durch: Principal 8' + Gedackt 8' oder Principal 8' + Bourdon 16' oder P8'+ Flöte 8'

Klangbeispiele

 

Principal 8' HW, Walcker-Orgel Wemmetsweiler Bj. 1904

Principal 8' HW, Röver-Orgel Nordleda, St. Nikolai, Bj. 1892

Principal 8' HW, Schlimbach-Orgel, Nieder-Roden, St.Matthias, Bj. 1907

Principal 8' HW, Röver-Orgel Drochtersen, St. Johannis, Bj. 1895  Principal 8' HW, Furtwängler-Orgel, Hemmor, Ev. Kirche Bj. 1898

 

Montre, Prästant

 

Montre (monstrare lat.=zeigen) Prästant (lat. praestare), Préstant, französische Bereichnung für Principal. Bei der Walcker-Orgel in Mühlhausen kamen alle drei Bezeichnungen im ersten Manual vor: Principal 16', Montre 8', Prästant 4'

Flötenprincipal 8'

 

Klangbeispiel

Flötenprincipal 8' HW, Schlimbach-Orgel, Nieder-Roden, St.Matthias

Octavbass 8'

 

im Pedal, die Oktave (2.Teilton) des Principal 16', ohne diesen ist die Bezeichnung unsinnig.

Klangbeispiele

Octavbass 8' P,Röver-Orgel Nordleda, St. Nikolai, Bj. 1892

Principalbass 8' P, Furtwängler-Orgel, Hemmor, Ev. Kirche Bj. 1898

Principal 16'

 

Hauptwerk, Pedal, oft aus Holz, aber auch Zinn, Zink. weite Mensur, kräftiger Klang, C=320mmØ Zinn im Pedal, im HW= 250mmØ, in Michaeliskirche Hamburg der Walcker-Orgel.

(engl.= Double Open Diapason) (franz.=Montre 16') (ital.=Contrabasso) (span.=Flautada de 26)

Im Hauptwerk St. Sulpice, Paris stehen zwei Principal 16', davon ist ein Register überblasend (harmonique) und dadurch 32' lang.

Principalbass 32'

 

Großprincipal, Subprincipal, Kontraprincipal, (engl.= Double double Open Diapason oder Contrabasse open) (franz.=Montre 32') (ital.=Contrabasso dopio) (span.=Flautada de 52) Mit Außnahme nur weniger Orgel nur im Pedal zu finden, meist ganz in Holz oder erhebliche Teile aus Holz. Die Ansprache ist schwer, und der Klang in den tiefen Tönen ist nur schwach. Gewinn mit Hinzuziehen von 16' und 8' an Kontur. Der Principal 32' kommt schon Anfang des 17.Jhd. vor in Lübeck St. Peter und an der Dompeniusorgel in Bückeburg.

Eberhard Friedrich Walcker erfand nicht nur in Frankfurt / Paulskirche den ersten stabilen Ton durch Anhebung der Pfeifenwanddicken, sondern er entwickelte eine Kernschraube, mit der die Optimierung des Windflusses eingestellt werden konnte. Er schickte zur Industrieausstellung nach München 1854 eine 40' lange aus Holzdauben zusammengesetzte und mit Zinnplatten überkleidete Pfeife ein, welche den Ton "C" in noch nie gehörter Fülle und Reinheit ertönen ließ. Noch 1,5 Sekunden klang der Ton in der Pfeife nach, als die Windzufuhr unterbrochen wurde.

Pedal, Holz (bei der Walcker-Orgel in Boston, jetzt Methuen, ist der P32' in Zinn 85%, dessen größte Pfeife allein über 400kg wiegt)

C=550mmØ Zinn, in Michaeliskirche Hamburg. Die tiefsten Töne (16Hz) sind wahrscheinlich nur über die Teiltöne hörbar.

Oktave 4'

 

2.Teilton des Principal 8 oder 4.Teilton der Principal 16'. Im Prospekt auch Prästant 4'. Aus Zinn auch Zink, nie Holz. In der Heidelberger Stadthalle (Voit) Kleinprincipal 4'. Gibt als 2. Teilton dem Princ. 8' Klarheit. Gute Mischungen sind P8'+Ged8'+Flöte8'+O4' mit Verstärkung des Grundtons und dem 2.Teilton ergibt vollen Klang. In 16' Orgel Quintdezime.

(engl.= Principal oder Octave) (franz.=Préstant 4') (ital.= Ottava) (span.=Octava)

Klangbeispiele

Octave 4' HW, Walcker-Orgel Wemmetsweiler Bj. 1904

Oktave 4' HW, Röver-Orgel Nordleda, St. Nikolai, Bj. 1892

Oktave 4' HW, Schlimbach-Orgel, Nieder-Roden, St.Matthias, Bj. 1907

Oktave 4' HW, Röver-Orgel Drochtersen, St. Johannis, Bj. 1895 

Oktave 4'  HW, Furtwängler-Orgel, Hemmor, Ev. Kirche Bj. 1898

 

 

Octave 2'

 

Superoctave 2' Zinn, recht weite Mensur damit der 4.Teilton nicht zu scharf wird. In Wien-Stephansdom baute Walcker Oktavbass 2' ins Pedal.

(engl.= Fifteenth) (franz.=Doublette, Ocatvin oder Quarte de Nasard) (ital.= decima quinta) (span.=Quincena) (lat.Quinta decima)

Klangbeispiel

Oktave 2' HW, Schlimbach-Orgel, Nieder-Roden, St.Matthias, Bj. 1907

 

Octave 1'

 

Principal 1', Superoktävlein, Subsuperoktav (Walcker-Mühlhausen)

(engl.= Twenty second oder  Octav fifteenth) (franz.=Eifre, Piccolo) (ital.= Vigesima seconda) (span.=Faluto en 22) (lat.Quinta decima)

 

selten durchgehend wie in Walcker - Frankfurt, Paulskirche, sonst meist nur im Diskant

 

Synthematophon  8'

von Walcker patentierte Stimme (Patent ca.1902-04), Starktonstimme des Prinzipalchores mit doppelten Labien, die sich gegenüberliegen. C-H ist oft in Zink, Rest in Zinnlegierung. Die Pfeifen sind konisch, nach oben enger werdend. Aufschnitt ist in der Regel gerade. Die Pfeifen entwickeln einen 4mal so starken Ton als ein gewöhnlicher Principal. Wurde gebaut in Hamburg- Michaeliskirche, Namur/ Belgien, Hamburg- Musikhalle, Dortmund-Reinoldikirche,

 Spielhilfen der Romantik

 

Melodiekoppel: verstärkt die Oberstimme eines Akkords in der Weise, dass die oberste Taste des Akkords in Oktave höher auf selbem Manual mitklingt. Bei der Melodiekoppel I an II erklingt die Melodie auf dem II.Manual. 

 

 

 

 

 

©2005  Gerhard Walcker-Mayer

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Bildbeispiele

Bildbeispiel08

Großprincipal 32' C aus Hamburg Michaeliskirche, Ø 550mm, in reinem Zinn gefertigt

 

Bildbeispiel09

Diapason 32' Pedal

in Longwood organ von

Aeolian/USA

 

 

 

Bildbeispiel01

Principal 8' mit Rollenbart in der Walcker-Orgel in Quito/Equador, Op.2117, Bj. 1925

 

 

Bildbeispiel02

Principalpfeifen h', c''

Walcker-Orgel in Mimbach,

Opus 170, Bj. 1862

 

 

Bildbeispiel03

Octave 4', f0,

Walcker-Orgel in Krefeld,

Op.1112. Bj. 1903

 

 

Bildbeispiel04

Octave 2'

Dalstein-Haerpfer, Remerschen,

Bj. 1890

 

 

Bildbeispiel05

Flötenprincipal 8'

Schlimbach, Nieder-Roden

Bj. 1906

 

 

Bildbeispiel06

Harfenprincipal 8'

Ital. Principal

Schwiegel

Mahrenholz, "Die Orgelregister"

 

Bildbeispiel07

Synthematophon 8'

Walcker-Orgel in Namur, Belgien